Schwarzmalerei: Häufiges negatives Denken hat neuronale Auswirkungen
Wer viel grübelt, kann in einer gedanklichen Negativspirale landen.
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Kommen Ihnen folgende oder ähnliche Gedanken nach einem Gespräch oder einem Meeting bekannt vor?: „Was denken andere über mich und darüber, was ich wie gesagt habe? War ich gut genug? Haben die Teilnehmer des Meetings nur aus Höflichkeit scheinbar interessiert zugehört? Haben die anderen meine Unsicherheit in meiner Stimme erkannt?“
Vermeiden oder Sucht als vermeintliche Lösung
Was folgt, sind oft unangenehme Gefühle wie Unzufriedenheit mit sich selbst, Scham oder Angst vor Ablehnung. Dann setzt das Gedankenkarussell ein, man kreist nur noch um die Frage, was mit einem nicht in Ordnung ist. Die Dynamik wird möglicherweise weiter befeuert von Katastrophenszenarien. Das verursacht Stress, denn das Gehirn kann tatsächliche Gefahr nicht gut von gedanklicher Gefahr unterscheiden. Die Folge sind Reaktionen wie erhöhter Herzschlag, Schwitzen und allgemein die Aktivierung unserer Handlungsenergie, um erfolgreicher kämpfen oder fliehen zu können – eine elementare archaische Strategie um zu überleben. Doch gegen wen kämpfen? Wohin fliehen? Vor was und wem? Das alles passiert in der Regel mehr unbewusst als bewusst. Es ist wie eine automatisierte Abfolge von Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen und Handlungsimpulsen.
Eine beliebte Lösungsstrategie ist das Vermeiden. Doch das hat einen Preis: Unser Geist tendiert dazu, bei wiederholter Vermeidung immer mehr Alltagssituationen als angstbesetzt zu belegen. Je mehr wir Vermeidungsstrategien zur Befreiung unserer Angst nutzen, desto mehr verfestigt sich langfristig die Angstproblematik. Ganz klassische Vermeidungsstrategien sind beispielsweise: Flucht in die Arbeit, Eintauchen in die digitale Welt, Shopping, Essen, Alkohol, Drogen. Mögliche Folgen: Entwicklung einer Sozialphobie, Depression und reduzierte Lebensqualität.
Negatives Denken sorgt für noch mehr Sorgen und Angst
In seinem Bestseller „Panikattacken und andere Angststörungen loswerden: Wie die Hirnforschung hilft, Angst und Panik für immer zu besiegen“ geht der Psychotherapeut Klaus Bernhardt von der Erkenntnis aus, dass sich nachweislich neuronale Strukturen unseres Gehirns verändern, wenn wir uns gedanklich regelmäßig mit unserer Sorgen- und Angstproblematik befassen. So hat häufiges und andauerndes negatives Denken eine neuronale Repräsentanz in unserem Hirn zur Folge, die dazu führt, neutrale Gegebenheiten negativ zu interpretieren oder zu färben. Freude und Leichtigkeit sind entsprechend schwach ausgeprägt.
Bernhardt ist überzeugt von der Wirksamkeit einer Doppelstrategie zur Befreiung von belastenden Gedanken. Erstens durch schnelles Stoppen der Angst mittels einer passenden Musterunterbrechung und zweitens: Neuronale Neuvernetzung durch Mentaltraining. Dafür empfiehlt Bernhardt, zehn Sätze aufzuschreiben, wie man sich ein sorgenfreies Leben konkret vorstellt. Dabei sollte man positive Formulierungen wählen wie „Es macht mir Freude, mein Wissen mit anderen zu teilen“. Und die Inhalte sollten „selbst erreichbar sein“, also unabhängig vom Verhalten anderer. Sind die zehn Sätze notiert, gilt es nun, sich diese täglich für einige Minuten zu vergegenwärtigen.
Helmut Nowak ist Coach und Lehrer für Achtsamkeit und Stressbewältigung und schildert hier regelmäßig, wie man lernt, bewusster zu leben. Der Autor ist zu erreichen unter www.achtsamkeit-und-co.de.
In der Kolumne „Auf der Couch“ schreiben wechselnde Experten zu den Themen Partnerschaft, Achtsamkeit, Karriere und Gesundheit.