Tagebau bedroht Arten: Tiere im Winterschlaf haben „aktuell keine Chance“
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Das Gebiet um den Tagebau Garzweiler bestand einst aus Agrarfläche, Wäldern und Mooren.
© Quelle: Arnulf Stoffel/dpa
Der Tagebau Garzweiler steht nicht nur wegen der damit verbundenen Umsiedlung der anliegenden Dörfer in der Kritik. Das Gebiet umfasst mehre Tausend Hektar Agrarfläche, Wälder und Moore – und damit Wohnraum für Tausende von Tierarten. Doch was geschieht mit ihnen, wenn die Rodungs- und Abrissarbeiten voranschreiten?
Tagebau bedroht aktuelle Artenzusammensetzung und ‑vielfalt der Region
„Ein Eingriff in die Natur, wie er durch den Betrieb eines Tagebaus besteht, hat immer Konsequenzen für die Umwelt vor Ort“, sagt eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sollten geschützte Arten vom Betrieb des Tagebaus Garzweiler betroffen sein, sei allerdings davon auszugehen, dass eine artenschutzrechtliche Ausnahme durch die Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen geprüft und gegebenenfalls – soweit erforderlich – erteilt wurde, so das Bundesumweltministerium weiter.
„Der Tagebau in Garzweiler bedrohte und bedroht die aktuelle Artenzusammensetzung und -vielfalt der Region durch die komplette Zerstörung von Lebensraum“, betont der Nabu. Wie groß der Anteil am erfolgenden Artensterben insgesamt ist, lässt sich derzeit noch nicht beziffern. Im Vorfeld an entsprechende Abriss- und Rodungsarbeiten führt der Eigentümer RWE laut Nabu allerdings eine Begehung der Fläche im Rahmen der vorgeschriebenen ökologischen Baubegleitung durch. Werden im Rahmen dessen Arten gefunden, sollen diese in geeignete Lebensräume umgesetzt werden – sogenannte Umsiedlungen.
Tiere im Winterschlaf Arbeiten schutzlos ausgeliefert
In dem Gebiet in und um Garzweiler leben zahlreiche Tiere, so der Nabu. Im Siedlungsraum beispielsweise finden sich Vogelarten wie Schwalben, Turmfalken, Schleiereulen, außerdem Zwergfledermäuse sowie Igel, Eichhörnchen und Amphibien wie der Teichmolch oder der Grünfrosch. Im landwirtschaftlich genutzten Umfeld leben zudem Tiere der Feldflur wie etwa Feldhasen, Feldlerchen oder Rehe.
Besonders winterschlafende Tiere wie der Igel oder die Zwergfledermäuse sowie eventuell verbliebene Siebenschläfer, aber auch Tiere, die Winterstarre halten, sind den derzeit erfolgenden Arbeiten schutzlos ausgeliefert. „Sie haben aktuell keine Chance, das Gebiet zu verlassen und werden vermutlich Opfer der gerade erfolgenden Abriss- und Rodungsarbeiten“, so der Nabu.
Auf geschundener Landschaft könnte neue Artenvielfalt wachsen
Der Nabu arbeitet derzeit gemeinsam mit dem BUND und der Landesgemeinschaft Natur und Umwelt an der Entstehung eines zukünftigen Biotopverbundsystems für das Rheinische Revier. „Wir erwarten, dass im Rahmen des mit viel Geld vorgesehen Strukturwandels des Rheinischen Reviers die Wiederbelebung und Entwicklung intakter Ökosysteme gerade vor dem Hintergrund der Zerstörung der Landschaft in den letzten Jahrzehnten im Zentrum stehen muss.“
Doch es gibt auch einen Lichtblick: Die geschundene Landschaft um Garzweiler birgt ein erhebliches Potenzial für die Entstehung einer neuen Artenvielfalt, so der Nabu. Besonders auf nährstoffarmen Rohböden können Pflanzen- und Tiergesellschaften über Jahrzehnte und Jahrhunderte wieder neu entstehen, die eine erstaunliche Vielfalt aufweisen. Ob und wie Arten zurückkehren werden, die in den vorherigen Biotopstrukturen heimisch waren, lässt sich allerdings kaum prognostizieren.
„Der großflächige Tagebau hat in den vergangenen Jahren – sehr sichtbar – zu massiven Eingriffen in Frei- und Biotopflächen in der Region geführt. Umso mehr kommt es in den nächsten Jahren darauf an, mit den verfügbaren Mitteln für den Strukturwandel neben dem Klimaschutz auch den Schutz der Naturflächen und Biotopverbünde in den Mittelpunkt zu stellen“, appelliert Heide Naderer, Vorsitzende des Nabu NRW.