Kolumne „Von oben gesehen“

Tempolimit auf der Autobahn: Geben Sie sich einen Ruck, Herr Wissing!

Bleibt Tempo 100 nur ein frommer Wunsch? Die EKD hat mit ihrem Beschluss zum freiwilligen Tempolimit für Kirchenmitarbeiter die ­Debatte neu entfacht.

Tempo 100 auf der Autobahn.

Als angehende Astronautin liegt es vielleicht nahe, dass ich hohe Geschwindigkeiten mag. Tatsächlich fahre ich auf freier Strecke gerne schneller als 130 km/h. Trotzdem wünsche mir nichts sehnlicher, als dass genau das endlich verboten wird. Die Debatte um ein allgemeines Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen erscheint mir endlos.

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Dabei sprechen so viele gute Gründe dafür: Das Tempolimit ist eine nahezu kostenlose Maßnahme, die bundesweit und wunderbar kurzfristig umsetzbar ist. Das kommt bei Klimaschutzmaßnahmen nicht so häufig vor. Gibt es ein Tempolimit, kommen viele positive Begleiterscheinungen dazu: nachweislich weniger Unfalltote; auf den Strecken können mehr Autos gleichmäßiger fahren – und stehen dadurch weniger im Stau, was ihre Insassen entspannter ans Ziel bringt. Dazu kommen: weniger Reifenabbrieb, der als Mikroplastik in der Umwelt landet, weniger Lärm, eine bessere Luftqualität. Aber vor allem ist jede Tonne CO₂, die wir nicht in die Atmosphäre bringen, eine weniger, die wir in kommenden Jahren mit noch nicht entwickelten Technologien wieder mühsam aus der Atmosphäre entfernen müssen.

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CO₂-Einsparungen sind im Verkehrssektor dringend nötig

Insgesamt, so zeigen die neuesten Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe, könnten durch ein Tempolimit von 100 km/h und 80 km/h außerorts mehr als 11 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden. Einsparungen, die im Verkehrssektor dringend gebraucht werden. Denn – und das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen – das Verkehrsministerium ist in Sachen verbindlichen Klimaschutzmaßnahmen so schlecht aufgestellt, dass der Expertenrat für Klimafragen bei seiner Bewertung im Sommer die treffende Formulierung „schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch“ fand. Setzen, Sechs.

Warum düsen wir also nicht längst schon alle mit 100 km/h dem Sonnenuntergang entgegen? Gegenstimmen sagen vor allen Dingen eins: Sie möchten sich nichts verbieten lassen. Sie möchten die Freiheit behalten, selbst zu entscheiden, wie schnell sie fahren möchten, egal, was die Faktenlage gebietet. Es gibt da schon ganz andere Dinge in der Geschichte der Menschheit, die Menschen sich nicht verbieten lassen wollten. Das Rauchen im Restaurant zum Beispiel … Was waren das für ausufernde Debatten, bevor das Verbot 2008 letztendlich kam. Und wie selbstverständlich ist ein rauchfreies Abendessen nur wenige Jahre später geworden?

Beschleunigung ist eh viel spannender

Halten wir also fest: Natürlich lieben wir die Freiheit, uns zu entscheiden. Trotzdem gibt es Situationen – sei es die Zigarette im Restaurant oder die deutsche Autobahn –, in denen einem der vermeintliche Ruf nach Freiheit nur ganz gewaltig die Sinne vernebelt. Also, lieber Volker Wissing: Geben Sie sich einen Ruck! Streng genommen – da lasse ich jetzt meine astronautische Raumfahrtkompetenz spielen – sind Beschleunigungen sowieso viel spannender als hohe Geschwindigkeiten.

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Insa Thiele-Eich ist Meteorologin und forscht an der Universität Bonn an den Zusammen­hängen zwischen Klimawandel und Gesundheit. Seit 2017 trainiert sie im Rahmen der Initiative „Die Astronautin“ als Wissenschaftsastronautin für eine zweiwöchige Mission auf der Internationalen Raumstation – und wäre damit die erste deutsche Frau im All. Sie ist Mitglied im Stadtrat von Königswinter für die Königswinterer Wählerinitiative. Hier schreibt sie alle zwei Wochen über Raumfahrt, den Klimawandel und die faszinierende Welt der Wissenschaft.

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