Ausgleich über Muttermilch

Trotz Kaiserschnitt: Babys erhalten wichtige Mikroben von ihren Müttern

Eine Mutter stillt ihren vier Monate alten Sohn.

Eine Mutter stillt ihren vier Monate alten Sohn.

Edinburgh/Utrecht. Ein Kaiserschnitt führt nicht unbedingt dazu, dass dem Baby wichtige Mikro­organismen der Mutter fehlen. Das berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal „Cell Host & Microbe“, das einen genaueren Blick auf die Entwicklung des kindlichen Mikrobioms geworfen hat. So bekämen Kaiserschnittbabys zwar kaum Kontakt zu den Darmmikroben der Mutter, diese stellten aber nur eine von mehreren Quellen für die Besiedlung mit den wichtigen Mikroben dar.

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Auf unserer Haut, unseren Schleimhäuten, in unserem Darm und anderen Organen findet sich eine einzigartige Gemeinschaft aus Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroorganismen, die essenziell für unsere Gesundheit ist. Die Weichen für dieses Mikrobiom werden bereits während der Geburt gestellt – tatsächlich erfolgt die erste Besiedlung mit Mikroben im Verlauf der Entbindung.

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120 Geburten untersucht

Deren Art nimmt Einfluss auf die Zusammen­setzung des kindlichen Mikrobioms: Kaiserschnittbabys kommen während des Geburts­vorgangs kaum mit den vaginalen und fäkalen Mikroorganismen der Mutter in Kontakt. Wie sich dieser fehlende Kontakt, aber auch andere Faktoren auf die Entwicklung des Mikrobioms bei Babys auswirkt, hat nun ein Forschungsteam unter Leitung von Wouter de Steenhuijsen Piters vom Universitäts­klinikum Utrecht untersucht.

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Die Medizinerinnen und Mediziner nutzten dafür Daten von 120 Geburten in den Niederlanden: Bei den Babys wurden zwei Stunden nach der Geburt sowie im Alter von einem Tag, einer Woche, zwei Wochen und einem Monat Mikrobiom­proben von der Haut, aus der Nase, dem Speichel sowie dem Darm entnommen. Gleichzeitig sammelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Proben der mütterlichen Mikroben von der Haut, aus der Muttermilch, der Nase, dem Rachen sowie Fäkalien- und Vaginalproben, um festzustellen, welche Quellen die Mikrobiome der Babys speisten. Anschließend analysierten sie die Ergebnisse im Zusammenhang mit verschiedenen Faktoren, von denen angenommen wird, dass sie sich auf den Mikrobiomtransfer auswirken, darunter die Art der Entbindung, die Verwendung von Antibiotika und das Stillen.

Bei Kaiserschnitt ist Stillen wichtiger

Das Team stellte fest, dass mehrere Mikrobiomquellen der Mutter für die Übertragung der Mikroorganismen wichtig sind. „Wenn einige dieser Wege aus dem einen oder anderen Grund blockiert sind – wie etwa beim Kaiserschnitt –, dann können diese Mikroben den Säugling immer noch über andere Wege erreichen“, erklärte de Steenhuijsen Piters.

Unabhängig vom Geburtsweg stammten 58,5 Prozent des Mikrobioms eines Babys von der Mutter. Babys, die per Kaiserschnitt geboren wurden, erhielten weniger Mikroben aus dem vaginalen und fäkalen Mikrobiom ihrer Mutter, erwarben aber – anscheinend als Ausgleich – mehr Mikroben aus der Muttermilch. Umso wichtiger sei das Stillen für sie, betonte Erstautorin Debby Bogaert von der Universität von Edinburgh.

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Tragen auch Väter und Geschwister zum Mikrobiom bei?

Sie fasste zusammen: „Die Übertragung und Entwicklung des Mikrobioms ist so wesentlich, dass die Evolution dafür gesorgt hat, dass diese Mikroben auf die eine oder andere Weise von der Mutter auf das Kind übertragen werden.“ De Steenhuijsen Piters ergänzte, dass jenes intelligente System sicherstelle, dass ein Kind das Leben mit der richtigen „Startausrüstung“ beginnen könne.

Nun will das Forschungsteam mehr über die nicht mütterlichen Einflüsse auf die Entwicklung des kindlichen Mikrobioms erfahren. „Wir konnten feststellen, dass das mütterliche Mikrobiom fast 60 Prozent des gesamten Mikrobioms des Säuglings erklärt, aber es gibt immer noch 40 Prozent, über die wir nichts wissen“, sagte de Steenhuijsen Piters. „Es wäre interessant, diesen unbekannten Anteil zu bestimmen, um herauszufinden, woher all die Mikroben kommen, ob zum Beispiel die Väter, die Geschwister oder die Umwelt dazu beitragen.“

Wissen nutzen

Erst kürzlich hatte eine im Fachblatt „Nature“ veröffentlichte Studie ergeben, dass zumindest Kinder ab einem Alter von vier Jahren ähnlich viele Darm­mikroben­stämme mit ihrem Vater wie mit ihrer Mutter gemeinsam haben.

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Letztendlich wollen die Autorinnen und Autoren der aktuellen Studie verstehen, wie sich die Entwicklung des Mikrobioms bei Säuglingen auf deren langfristige Gesundheit auswirkt. „Als Nächstes wollen wir untersuchen, ob dieser frühe Lebensprozess, der von der Mutter beeinflusst wird, nicht nur das kurzfristige Infektionsrisiko im ersten Lebensjahr, sondern auch die längerfristige Gesundheit in Bezug auf Allergien und Asthma beeinflusst“, erläuterte Bogaert. „In Zukunft können wir dieses Wissen vielleicht nutzen, um Gesundheits­probleme zu verhindern, zu diagnostizieren oder zu behandeln.“

RND/dpa

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